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Das wiedergefundene Licht

 

 

 

 

 

„Die Freude kommt nicht von außen;
sie ist in uns, was immer uns geschieht.
Das Licht kommt nicht von außen,
es ist in uns, selbst wenn wir keine Augen haben.“

Jacques Lusseyran
Ein blinder französischer Schriftsteller
und Hochschullehrer, 1924 – 1971

 

 

 

Prolog

Wir befinden uns inmitten einer Zeit bzw. am Ende einer Zeitepoche, in der die Gewalttätigkeiten zwischen den Menschen und gegen die Tiere immer offener, immer brutaler und herzloser zu Tage treten. Nimmt man eine Weltkugel zur Hand und deutet mit dem Finger auf einen Kontinent, ein Land, eine Stadt – und man kann (leider) sicher sein, dass es dort Streitigkeiten, Missgunst, Hass, Wut, Ausbeutung, körperliche- wie psychische Verletzungen, Vergewaltigungen, Sklaverei, Mord, Selbstmord, Totschlag, Tierquälerei und Blutvergießen gibt, wenngleich in unterschiedlicher Ausprägung.

Hält man sich die weltumspannenden Geschehnisse einmal vor Augen, wird man mit großem Unbehagen an die Visionen des Johannes von Jerusalem [1] aus dem 12. Jahrhundert erinnert. Zwei – von insgesamt 40 – Visionen seien hier exemplarisch aufgeführt:

„Wenn das Jahrtausend beginnt, (gemeint ist hier der Beginn des 21. Jahrhdts, also zur jetzigen Zeit)
das nach dem Jahrtausend kommt,
Wird jeder wissen, was an allen Enden dieser Erde ist,
Wird man Kinder sehen, deren Knochen die Haut durchstoßen,
Und solche, deren Augen von Fliegen bedeckt sind,
Und solche, die gejagt werden wie Ratten.
Doch der Mensch, der dies sieht, wird sein Gesicht abwenden.
Denn er kümmert sich nur um sich selbst.
Er wird ihnen eine Handvoll Korn als Almosen geben,
Während er auf vollen Säcken schläft.
Und was er mit der einen Hand gibt, wird er mit der anderen wieder nehmen.“

„Wenn das Jahrtausend beginnt, das nach dem Jahrtausend kommt,
Wird der Mensch das Gesicht der Erde verändert haben.
Er wird sich für den Meister und den Lehnsherrn der Wälder und Herden halten.
Er wird den Boden und den Himmel zerpflügen,
Und seine Furchen durch die Flüsse und Meere gezogen haben.
Doch die Erde wird nackt und unfruchtbar sein.
Die Luft wird brennen und das Wasser übel riechen.
Das Leben wird welken, denn der Mensch wird den Reichtum der Welt ausgeschöpft haben.
Und der Mensch wird einsam sein wie ein Wolf,
In seinem Hass.“

 

Der fühlende Mensch hat Augen, „die sehen“. Und diese sehen, dass Vieles von dem, was Johannes von Jerusalem vor 900 Jahren in seinen Visionen „gesehen“ hat, bereits eingetreten ist. Und sollten sich die Menschen in Kürze nicht eines Besseren besinnen, werden alle übrigen Voraussagen leider auch zur Realität. Der aufgeklärte Mensch weiß aber auch, dass Visionen – man kann sie auch Prophezeiungen nennen – nicht zwangsläufig eintreten müssen. Nämlich insofern nicht, wenn das kollektive Bewusstsein [2] der Menschheit – die durch ihr Handeln die sichtbaren Gegebenheiten erst manifestierten – sich ändert. Dazu müsste das vorherrschende, von Gier, Eigennutz und geringer Nächstenliebe verstörte Bewusstsein zu einem liebenden Miteinander hin „umgelenkt“ werden.

Der folgende Bericht über einen Mann, der in seiner Kindheit erblindete, könnte die Menschen über die vielsagende Weisheit – weil im Leben selbst erfahrbar  – aufrütteln: „Blind vor Wut, Zorn oder Hass!“

 

Nicht ich bin es, der mein Leben lenkt.

Lusseyran! Ein großer Name in der Geschichte der erkennenden Liebe. Ein Name, der uns dazu bringen kann, unsere Lebensziele noch einmal zu überdenken. Im Alter von 8 Jahren erblindete er durch einen Unfall in der Schule: Seine Brille durchbohrte beide Augen, als er gegen die Kante des Schreibtisches seines Lehrers stieß. Seitdem schreibt er, wurde er sehend. Während des zweiten Weltkriegs, er war 17 Jahre alt, leitete er eine Widerstandsbewegung namens „Défense de la France“ mit mehr als 600 Jugendlichen. Durch ihn perfekt organisiert „kämpften“ sie gegen die deutsche Besatzung „ohne Gewalt und ohne Waffen“. Sie retteten gefallene Flieger der Alliierten und sammelten wertvolle Informationen für das französische Volk, die in einer Zeitung in geheimen Druckereien zwei Mal im Monat gedruckt und in ganz Frankreich verteilt wurde.

Die Gruppe wurde verraten, ihre Mitglieder wurden verhaftet. Einige verschwanden für immer, Lusseyran wurde ins Konzentrationslager Buchenwald gebracht. Von den zweitausend Franzosen, die mit ihm nach Buchenwald kamen, überlebten ungefähr dreißig, auch er…

Wie weiß ich nicht. Nicht ich bin es, der mein Leben lenkt. Gott lenkt es. Ich habe nicht immer begriffen, wie er es getan hat.“

Der Grund seiner ungewöhnlichen Überlebensfähigkeit inmitten von Folter und Terror war seine immer präsente Wahrnehmung, die durch keine Angst und keinen Hass getrübt war. Aus der unmittelbaren Wahrnehmung heraus konnte er anders reagieren, als man erwartete. So stellte er laufend neue Situationen her, auf die seine Peiniger nicht mit ihren alten Mustern reagieren konnten. Das Schicksal hat ihn gezwungen, in ununterbrochener Gegenwart zu leben. Das gab ihm die ungewöhnliche Ruhe des Erkennens, Nicht-Verurteilens und Überlebens.

Wie kam es zu dieser ungewöhnlichen Entwicklung?

Nach seiner Erblindung entdeckte er vor den Augen einen hellen Bildschirm, der sich immer dann verdunkelte, wenn Angst, Wut oder schlechte Gedanken auftauchten. So hatte er eine unmittelbare Kontrolle über seine Gefühle und Gedanken. Er lernte es im Laufe der Zeit, auch in schwierigen Situationen die Ruhe zu bewahren und seinen Bildschirm hell zu halten. Sein Buch trägt den Titel „Das wiedergefundene Licht“.

Durch die Blindheit entdeckte er das Licht, und mit der Entdeckung des Lichtes begann für ihn die Geburt des neuen Lebens.

„Ich sah, wie von einer Stelle, die ich nicht kannte und die ebenso gut außerhalb meiner wie in mir liegen mochte, eine Ausstrahlung ausging oder genauer: ein Licht – das Licht. Das Licht war da, das stand fest. Ich fühlte eine unsagbare Erleichterung, eine solche Freude, dass ich darüber lachen musste. Zuversicht und Dankbarkeit erfüllten mich, als ob ein Gebet erhört worden wäre. Ich entdeckte das Licht und die Freude im selben Augenblick, und ohne Bedenken kann ich sagen, dass sich Licht und Freude in meinem Leben seither niemals mehr voneinander getrennt haben: zusammen besaß oder verlor ich sie.“

Die Grunderfahrung des Lichts.

„Die Sehenden sprechen immer von der Nacht der Blindheit, und das ist von ihrem Standpunkt aus ganz natürlich. Aber diese Nacht existiert nicht. Zu keiner Stunde meines Lebens – weder im Bewusstsein noch selbst in meinen Träumen – riss die Kontinuität des Lichtes ab. Ohne Augen war das Licht weit beständiger, als es mit ihnen gewesen war. Jene Unterschiede zwischen hellen, weniger hellen oder unbeleuchteten Gegenständen, an die ich mich damals noch genau erinnern konnte, gab es nicht mehr. Ich sah eine Welt, die ganz in Licht getaucht war, die durch das Licht und vom Licht her lebte.“

Dann die Entdeckung, wie das Licht vertrieben wird, …

… wie der Mensch seine innere Sehfähigkeit verliert:

„Dennoch gab es Zeiten, in denen das Licht nachließ, ja fast verschwand. Das war immer dann der Fall, wenn ich Angst hatte. Was der Verlust meiner Augen nicht hatte bewirken können, bewirkte die Angst: Sie machte mich blind. Dieselbe Wirkung hatten Zorn und Ungeduld, sie brachten alles in Verwirrung. Eine Minute zuvor kannte ich noch genau den Platz, den alle Gegenstände im Zimmer einnahmen, doch wenn mich der Zorn überkam, zürnten die Dinge mehr noch als ich; sie verkrochen sich in ganz unerwartete Winkel, verwirrten sich, kippten um, lallten wie Verrückte und blickten wild um sich. Ich aber wusste nicht mehr, worauf ich meine Hand legen, meinen Fuß setzen konnte; überall tat ich mir weh. Dieser Mechanismus funktionierte so gut, dass ich vorsichtig wurde.

Wenn mich beim Spiel mit meinen kleinen Kameraden plötzlich die Lust ankam zu gewinnen, um jeden Preis als erster ans Ziel zu gelangen, dann sah ich mit einem Schlag nichts mehr. Ich wurde buchstäblich von Nebel, von Rauch umhüllt.

Die schlimmsten Folgen aber hatte die Boshaftigkeit. Ich konnte es mir nicht mehr leisten, missgünstig und gereizt zu sein, denn sofort legte sich eine Binde über meine Augen, ich war gefesselt, geknebelt, außer Gefecht gesetzt: Augenblicklich tat sich um mich ein schwarzes Loch auf, und ich war hilflos.

Wenn ich dagegen glücklich und friedlich war, wenn ich den Menschen Vertrauen entgegenbrachte und von ihnen Gutes dachte, dann wurde ich mit Licht belohnt. Ist es verwunderlich, dass ich schon früh die Freundschaft und Harmonie liebte? Was brauchte ich einen Moralkodex, wo ich doch in mir ein solches Instrument besaß, das „Rotlicht“ und „Grünlicht“ gab: Ich wusste immer, wo man gehen durfte und wo nicht. Ich hatte nur auf das große Lichtsignal zu sehen, das mich lehrte zu leben….

 

… Ich hatte keine Angst.
Andere würden sagen, ich hatte den Glauben.
Wie hätte ich ihn nicht haben sollen –
vor diesem sich ständig erneuernden Wunder…. 

Jacques Lusseyran

 

Anmerkung:

[1] Johannes von Jerusalem (ursprünglicher Name: Jehan de Vezelay), ein französischer Tempelritter des 12. Jahrhunderts, war einer der neun Gründer des geheimnisvollen Templerordens. In der Zeit nach dem Ersten Kreuzzug grub er im Tempelberg von Jerusalem und schien dort ein großes Geheimnis entdeckt zu haben, das ihn zum Propheten machte.

Alle Visionen sind > hier nachzulesen.

[2] Das Bewusstsein ist die Energie der individuellen Seele. Dies zeigt sich insbesondere bei jenen Wesen, die in der Lage sind, mit ihrer Energie bewusst umzugehen, zum Beispiel die Menschen. Worauf auch immer der Mensch sein Bewusstsein richtet, das belebt er, ähnlich wie die Ausrichtung eines Scheinwerfers ganz bestimmte Ausschnitte einer Bühne beleuchtet.

Wenn negative Mächte versuchen, die Menschen für sich zu gewinnen, setzen sie immer beim Bewusstsein an. Die Menschen sollen durch Manipulation dazu gebracht werden, ihr Bewusstsein auf bestimmte Dinge zu richten und auf bestimmte Dinge nicht. Weil das Individuum und sein Bewusstsein nicht materiell sind, besteht der erste Schritt der Manipulation darin, das Bewusstsein der Menschen auf die Materie und auf äußerliche Dinge zu richten.

Denn solange sich die Menschen ihrer spirituellen Identität bewusst sind, bringen sie den materialistischen Zielen der negativen Mächte kein Interesse entgegen und werden ihre Energien nicht in deren Ziele investieren. Phase 1 der individuellen und kollektiven Manipulation besteht also immer darin, die Menschen ihre spirituelle Identität vergessen zu lassen, indem man ihr Bewusstsein auf die Materie ausrichtet.

Je mehr die Menschen sich mit der Materie (mit ihrem Körper, mit ihrer Nation, Religion, Ideologie usw.) identifizieren, desto manipulierbarer werden sie, weil sie immer mehr von äußeren Objekten abhängig werden. Die Erkenntnis dieser psychologischen Mechanismen führt vor Augen, welch ungeheurer Bewusstseinsraub heute stattfindet, indem ein Körperkult gefördert und die Körperidentifikation intensiviert wird, z.B. durch TV, Werbung, Sexagitation, Drogen, Leistungsdruck, Schüren von Angst, usw. Wenn die Menschen wüssten, wie sehr ihr feinstofflicher Körper und mittlerweile auch ihr grobstofflicher Körper von all diesen Fremdeinwirkungen beeinflusst werden, wären sie vielleicht etwas vorsichtiger in ihrer Entscheidung, wem sie ihr Vertrauen und ihre Aufmerksamkeit – d.h. ihr Bewusstsein – schenken und wem nicht.

Siehe auch > Das Gesetz der Resonanz

 

„Eine gesamte Planetenbevölkerung hat eingewilligt,
ihr Bewusstsein auf materielle Dinge auszurichten
und nicht auf spirituelle Ziele.“ *

 

 

Literatur:

Jacques Lusseyran, Das wiedergefundene Licht

* Armin Risi, Unsichtbare Welten

Bildquelle:

Bess Hamiti, KasunChamara, kellepics – pixabay

 

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